Rezension: Aventurisches Nekromanthäum – Es kam nicht nur aus dem Sumpf

Untote bilden seit jeher etablierte Gegner im Rollenspiel. Oft erhoben durch finstere Mächte, trachten sie den Lebenden nach deren Existenz. In DSA verheerte u.a. der Untote Heerwurm weite Landstriche, bevor er sein Ende fand. Daher verwundert es nicht, dass Ulisses unter seinen Kreaturenbänden für DSA 5 auch einen über die wandelnden Leichen aufgelegt hat. Was mir daran gut und weniger gut gefällt, lest ihr jetzt.


Aventurisches Nekromanthäum

Seitenzahl: 160

Preis: gedruckt 39,95 Euro, als PDF 19,99


Untote und eine Schädelspinne sind im Buch über aventurische Untote für DSA 5 zu finden.


Finstere Gestalten

Das Cover zeigt einen finsteren Nekromanten, der auf einem Boronanger (Friedhof) Leichen als Untote erhebt. Mit einem Boronsrad im Vordergrund und Madamal (Mond) in einer Stellung, die der Erdmond nicht einnimmt, sind eindeutige Bezüge zu Aventurien gegeben. Auf den Inhalt des Buchs verweist ferner eine spinnenartige Kreatur mit Menschenschädel auf dem Boronsrad.

Der Innenteil besteht größtenteils aus zweiseitigen Beschreibungen verschiedener Untoter mit körperlicher Komponente. Gut anderthalb Seiten entfallen jeweils auf die Hintergrundbeschreibung und der Rest auf Charakterwerte. Jedes Wesen ist mit einem Bild im guten Stil der 5. Edition vertreten. Selbiges gilt für vorgestellte NPCs und Pläne zu Abenteuerschauplätzen weiter hinten im Buch. Die Texte sind okay, einzelne Abschnitte hätten mehr Absätze vertragen können.

Es gibt zwar keinen Index, aber eine Tabelle zu den verschiedenen Untoten. Dazu gehört deren Art – wie Leiche oder Beseelter –, wie schwierig deren Erhebung ist und wo im Buch die Beschreibung steht. Das ist hilfreich, da die Sortierung der Wesen im Buch etwas schwach ausfällt. So werden die lebenden Leichen zuerst nach ihrer Kategorie und erst dann ihrem Anfangsbuchstaben sortiert. So folgen auf die Leichen Tierkadaver und Zombies, die jeweils von A bis Z angeordnet sind. Die anderen Kategorien werden dagegen komplett alphabetisch nach dem Anfangsbuchstaben ihrer Namen sortiert. Das schadet der Übersicht, was die oben genannte Tabelle leider von einem guten Bonus zu einer Problemminderung degradiert.

Das Inhaltsverzeichnis listet auf einer Seite jede Kreatur, jeden NPC, jeden Abenteuerschauplatz und Regelabschnitte auf. Die Seitenzahlen im PDF sind leider nicht verlinkt.

Schwächen in der Übersicht sorgen dafür, dass nur 3 von 5 Meister die Aufmachung komplett gut finden.


Leichen, Skelette, Mumien

Lebende Leichen sind in einem Buch über Untote nicht wegzudenken. Daher bilden sie auch die erste Kreaturenart, die der Leser vorfindet. Neben dem „gewöhnlichen“ Zombie zählen dazu z.B. Tschumbis aus Südaventurien, Brand- und Eisleichen nebst den belebten Überresten kulturschaffender Spezies. Zu Letztgenannten gehören beispielsweise Achaz, Orks und Trolle. Exotischer sind Tierkadaver, besonders von Walen. Skelette haben im Gegensatz dazu ihr Fleisch verloren. Menschen, Elfen, Zwerge, Oger, Mammuts und Tatzelwürmer finden sich hier in der Auswahl.

Trotz der großen Anzahl fallen die Unterschiede besonders zwischen den Überresten unterschiedlicher Kulturschaffender in beiden Kategorien überschaubar aus. Lebende Leichen, Moorleichen, Wasserleichen etc. sind sich sehr ähnlich.

Brandleichen stechen durch mehrere automatische oder mögliche Eigenschaften aus den anderen Zombies heraus. So können sie Gegner anzünden. In einer besonderen Variante kann der Nekromant deren Schädel sogar werfen. In 6 Schritt Radius werden dabei 2W6+8 TP verursacht. Zudem explodieren Brandleichen mit einem ähnlich guten Schaden, und manche sind sogar nur halb körperlich und entgehen so vielen Angriffen. Das macht diese Kreaturen sehr gefährlich für Gegner. Zudem ist ihre Erhebung deutlich kostengünstiger als ein aventurischer Feuerball (Ignisphaero) – was Letzteren in meinen Augen weiter abwertet.

Auch Katzen gehören zur Auswahl an Mumien.

Das Problem großer Ähnlichkeit trifft weniger auf Mumien zu. Zum einen unterscheiden sich selbige stärker durch ihre kulturellen Hintergründe, andererseits aber auch durch Ihre Werte. Alhanische Wachsmumien sind Grabwächter der Al’Hani und der Norbarden (wie ihre Nachfahren heute allgemein genannt werden). Einige davon waren zu Lebzeiten Zauberer und können dann Schlangen oder Hornissen herbeirufen. Handelt es sich dabei um Zibiljas (norbardische Zauberkundige), kann der Meister die Zauber durch andere magische Kräfte ersetzen, da Zibiljas nicht über diese Zauber verfügen. Maru-Mumien sind ernsthafte Kämpfer, behalten aber ein gewisses Ehrgefühl. Gegner, die besiegt erscheinen, lassen sie daher üblicherweise in Ruhe.

Riesenmumien dürften zu den seltensten Untoten überhaupt gehören. Da ein Faustschlag von ihnen durchaus einen Menschen töten kann, ist das auch gut so. Genauso wie tierische Mumien haben sie nur eine eingeschränkte Intelligenz, während mumifizierte Marus und Wachsmumien nicht dümmer als ein Durchschnittsmensch sind.

Große Ähnlichkeiten unter den Kreaturen lassen noch 3 Meister übrig.


Beseelte und andere Kreaturen

Anders als die vorher im Band vorgestellten Untoten sind Beseelte Wesen, die aus eigenem Antrieb heraus in der Sphäre der Sterblichen verbleiben. Dafür bedarf es starker Entschlossenheit, wie sie durch Rache oder einen unbändigen Kampfeswillen und große Ambitionen entsteht. Andere Exemplare wurden durch bestimmte Rituale so bestattet, dass sie nach ihrem Tod weiter mit ihren Körpern verbunden bleiben. Entsprechend unterscheiden sich einzelne Exemplare nicht nur nach den Typen, denen sie angehören, sondern auch ihren Persönlichkeiten – und was davon nach dem Tod übrig bleibt.

Phylakteriker waren zu Lebzeiten in der Regel Gelehrte. Im Glauben, mit ihrem Wissen den Tod zu besiegen, klammern sie sich auch im Tod an ihre Körper. Um ein solches Exemplar zu vernichten, muss eine bestimmte Handlung durchgeführt werden. Sonst entsteht der Körper einfach wieder neu. Zudem beherrschen sie verschiedene Zauber nach Maßgabe des Spielleiters. Racheschreiter werden von ihrem Durst nach Rache getrieben. Besaß die Person zu Lebzeiten keine Zauberfähigkeiten, bekommt sie im Tod die Tradition der der Hexen samt einiger Zauber wie den Hexenkrallen.

Racheschreiter werden von ihrem Zorn vom Einzug ins Jenseits abgehalten.

Taggebannte wiederum erhalten ein schützendes Knochengebilde, dass sie wie eine Rüstung umschließt, und können ohne Probleme im Kampf ganze Heldengruppen allein auslöschen. Wiedergänger sind dem Verfall ihrer eigenen Körper ausgesetzt, was sie optisch den geistlosen Untoten annähert. Unter den weiteren Beseelten finden sich auch ein paar besondere Mumienvarianten wie Skrechumumien, ebenfalls mit Zauberkräften und oft einem Hofstaat freiwilliger oder magisch beherrschter Diener.

Zusätzlich haben es ein paar Wesen ins Buch geschafft, die selbst nicht untot sind, aber mit Untoten zusammenhängen. Dazu gehören die Leichen fressenden Ghule, die hier nicht nur in der normalen Variante vorliegen. Stattdessen gibt es hier spezialisierte Ghule, die in ihrer Gemeinschaft bestimmte Aufgaben wie spezialisierte Bienen oder Ameisen in Insektenstaaten wahrnehmen.

Kadaverbestien sind ein ekelhaftes Mischmasch aus Gedärmen, deren Form sich ständig ändert. Nur wenige Nekromanten können so eine Abscheulichkeit auf Schlachtfeldern erschaffen. Durch Tentakel, Schüsse mit kochend heißem Blut, der Fähigkeit, Feinden Furcht einzuflößen und deren Lebenskraft abzusaugen und sich selbst zukommen zu lassen sind sie eine große Gefahr. Eine falsche Beschwörung fügt dem Nekromanten selbst großen Schaden zu, ein Patzer kann gar zu seinem Tod führen. Knochengolems und deren Variante, die Knochenspinne, wirken dagegen regelrecht harmlos. Zwei Dämonen werden ebenfalls beschrieben. Der Oboraddon kann eine ganze Armee von Untoten kontrollieren. Ein Nephazz fährt in einen einzelnen Leichnam ein und stärkt diesen, aber nicht so stark wie sein oben genannter Kollege.

Anders als bei den normalen Untoten haben die Biester dieser Kategorie ihre eigenen Hintergründe, was sie weniger austauschbar macht. Zudem bieten sich so mehr Möglichkeiten, um sie in Abenteuern einzusetzen.

Mit morbidem Schrecken studieren 4 Meister diese Kategorie.


Schauplätze und Regeln

Der Rest des Buches widmet sich nicht einzelnen Kreaturen. Stattdessen geht es hier um Hintergründe und Regeln. So gibt es eine Übersicht über die Geschichte der Nekromantie, von der fernen Vergangenheit bis in die Gegenwart. Legenden und die Haltung der aventurischen Kirchen zu dieser Magieform finden sich ebenfalls. Nicht fehlen dürfen dabei berühmte Nekromanten. Pôlberra von der Dunklen Halle der Geister in Brabak und der untote Drache Rhazzazzor zählen sicher zu den bekanntesten Vertretern dieser Zunft.

Handfester für die Verwendung in Abenteurern sind mehrere Schauplätze, die mit Untoten in Verbindung stehen. Selbige verteilen sich von Nord nach Süd über Aventurien, haben aber meist nicht einen genau festgelegten Standort. Eine Beerdigungsstätte der Fjarninger und ein Grabhügel der Norbarden finden sich im Norden. Ein tulamidisches Felsengrab, ein Tal im Dschungel des Südens und eine verborgene Nekropole im Horasreich liegen weiter im Süden. Die Beschreibung der Nekropole passt nur deshalb auf zwei Seiten, weil die meisten Räume nur Grüfte ohne Besonderheiten sind. Hier hätte auch die Hälfte an Räumen ausgereicht – außer für Spielleiter, die sich der Ausarbeitung dieser Kammern widmen. Die anderen Orte passen besser in das Format. Dafür sind die Schauplätze – zumindest im Rahmen des Buchthemas und des ihnen gegebenen Platzes – abwechslungsreich.

Die Profession Nekromant für Spieler versteckt sich im hinteren Teil des Buches.

Weiteres Fleisch für den Spielalltag bieten die Regeln. Nekromanten müssen nicht wie Elementaristen oder Dämonologen erst lernen, die Essenz des Todes zu rufen, bevor sie Untote erschaffen können. Der Zauber Skelettarius und das Ritual Totes handle reichen für primitive Untote. Einfache, also stärkere Wesen benötigen einen Charakter mit der Sonderfertigkeit Nekromant, für komplexe Untote ist dazu das passende Berufsgeheimnis für den entsprechenden Typ vorgeschrieben.

Die wenigen Totengötter, die ihren Dienern die Erhebung toter Körper erlauben, benötigen weder die Sonderfertigkeit noch Berufsgeheimnisse. Die genannten magischen und göttlichen Fähigkeiten sind enthalten. Leider fehlt die Tairach-Liturgie. Da mehrere Kreaturen explizit auch bzw. hauptsächlich durch Schamanen dieser Gottheit erhoben werden, ist das schade. Und die Liturgie „Tairachs machtvolle Erhebung von Untoten“ wurde bereits in mehreren Bänden veröffentlicht und steht auch im DSA-Regel-Wiki.

Untote können von ihren Erschaffen noch verbessert werden, ähnlich wie beschworene Elementare oder Dämonen. Neben mehr Lebens- oder Angriffskraft gehören dazu auch besondere Merkmale. Dann werden Opfer bei Angriffen mit einem Gift infiziert, dass leicht schädlich wirkt und die Beweglichkeit einschränkt, vom üblen Geruch des Körpers geplagt, oder das Wesen explodiert, sobald es seine Lebenskraft verliert. Auch dieser Schaden kann schnell den Wert eines Ignisphaero übersteigen, entspricht aber maximal den maximalen Lebenspunkten des Wesens.

Weitere optionale Regeln umfassen u.a. die Übernahme der Kontrolle eines Untoten von einem anderen Nekromanten, wie der Zustand verschiedener Leichen sich auf die Erschaffung auswirkt, einen Beispielnekromanten als NPC und eine Profession für Spielercharaktere. Letztere kann auch für höhere Erfahrungsgrade bei Spielbeginn dank beschriebener Modifikationen genutzt werden. Weitere Zauber und Waffen umfassen Dinge, die nicht in den Grundregeln enthalten sind und hier genannt werden. Daher findet sich auch der Zorn der Elemente in diesem Band, weil eine Mumienart diesen Zauber nutzt.

Kleine Abzüge lassen noch 4 Meister übrig.


Fazit

Das Nekromantheum enthält das Meiste, was ein Spieler eines Nekromanten oder ein Spielleiter braucht, der seinen Spielern mehr als Zombies und Skelette bieten will. Leider sind sich die einfachen Untoten derselben Kategorien so ähnlich, dass ich weniger Sinn darin sehe, für jede Variante gleich zwei Seiten aufzuwenden. Dadurch wiederholen sich einige Aussagen öfter.

Mit freien Untoten und Beseelten gibt es dafür mehr Abwechslung.

Am Ende freuen sich 14 von 20 Meister über die Lektüre.

Ein Kommentar zu „Rezension: Aventurisches Nekromanthäum – Es kam nicht nur aus dem Sumpf

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